Es ist ein Kreuz mit den Zoohandlungen. Nun hab ich den Salat. Nun hab ich die Schnecken wohl für immer am Hals.
Erklärung: Kürzlich besuchte ich mal wieder die örtliche Zoohandlung, um mich mit Wasseraufbereiter und Fischfutter einzudecken. Eine freundliche Angestellte näherte sich und fragte, ob sie behilflich sein könne. Nachdem wir den Tanz um ein gutes Neonfischfutter hinter uns hatten, wandte ich mich mit einem leidvollen Thema an sie: Was tut man gegen Wasserschnecken? Es ist nämlich so, immer, nachdem ich mal wieder neue Wasserpflanzen gekauft habe und sie in mein Aquarium setze, fange ich mir wieder diese bis etwa 1 cm großen, braunen Schneckchen ein, die sich dann mit der Zeit zu einer wahren Pest vermehren. Nein, es liegt wohl nicht an übermäßigem Füttern.
Die Angestellte wies zunächst darauf hin, dass tödliche Chemie in ihrem Laden nicht zu haben sei. (“No weapons of mass destruction” – wie alle sich immer rausreden, nicht?)
Und Fische, die Schnecken – happs – fressen würden, damit konnte sie auch nicht aufwarten. Und Fische, die Schnecken nur anknabbern und ihnen damit ein qualvolles Leben bereiten, sowas will man ja nicht.
Aber dann erzählte sie von Schnecken, die Schnecken fressen. Etwas beklommen ließ ich sie weiter ausholen und deckte mich schließlich mit einem Büchlein ein, um diese Möglichkeit zu prüfen.
Zuhause nahm ich es mir dann gründlicher vor. Das Buch ist natürlich von Schneckenfreunden geschrieben und eröffnet dem Fischaquarianer eine ganz neue Welt. Bunt gescheckte Schnecken, teilweise bis 12 cm groß, gleiten majestätisch über algenüberzogene Steine und die Aquariumswände. Sie reinigen die Scheiben und kümmern sich um vermodernde Pflanzenreste. Und auch angenehm ist, dass man sie in Ruhe beobachten kann. Sie sind nicht immer so schnell – husch – weg, wie die Fische. Die Schnecken sind unsere Freunde, nicht unsere Feinde, so das Buch. Tja, schon ging ich die Arten durch und plante mein Aquarium im Geiste um. Bei der Gelegenheit stellte ich fest, dass die Raubschnecken nicht zu meinen Favoriten gehören, sondern eher die friedlichen Pflanzenfresser. Und ich gönne auch niemandem das Erlebnis, im Schneckentempo verspeist zu werden, nee, igitt.
Ich warf einen Blick durch die Aquariumsscheibe, um zu prüfen, was ich da eigentlich genau habe – es sind wohl kleine Posthornschnecken, Abteilung der Wirbellosen, Stamm der Weichtiere. Weichtiere machen übrigend etwa 10% aller Tierarten aus und können die farbigsten, spacigsten und faszinierendsten Formen annehmen, gerade die im Wasser. Und meine Weichtiere hier sind tatsächlich ganz praktisch. Ich musste schon lange nicht mehr die Scheiben von innen abkratzen. Und absurderweise würde ich vermutlich zu diesen und/oder Apfelschnecken greifen, wollte ich mein Aquarium aktiv mit Schnecken bevölkern.
Kann man sehen, was passiert ist? Die haben mich total umgedreht. Nicht soweit, dass ich das Becken nicht weiter absammele, um das Fisch/Schneckenverhältnis einigermaßen im Rahmen zu halten. Aber meine Haltung ist von Ablehnung zu Akzeptanz gedriftet, Bücher sind wie Treibsand für feste Standpunkte.
Ich überdenke gerade meine eigene Klassifizierung in der Biosphäre dieser Welt und frage mich, ob ich mich zukünftig in die Abteilung der Wirbellosen einreihen muss – kein Rückgrat. Oder vielleicht sollte ich nicht mehr so viel lesen. Ich bin zu beeinflussbar.
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